Die SCNAT und ihr Netzwerk setzen sich für eine nachhaltige Gesellschaft und Wissenschaft ein. Sie unterstützen Politik, Verwaltung und Wirtschaft mit Fachwissen und pflegen den Dialog mit der Öffentlichkeit. Sie stärken den Austausch über die wissenschaftlichen Disziplinen hinweg und fördern den akademischen Nachwuchs.

Bild: Sebastian, stock.adobe.com

Trockenere Sommer

Die Schweizer Sommer sind in den letzten 40 Jahren deutlich trockener geworden. Neben leichten Abnahmen der Niederschläge hat die zunehmende Verdunstung etwa im gleichen Mass zur Austrocknung beigetragen. Allerdings gibt es grosse Unsicherheiten, vor allem was die Verdunstung und das Bodenwasser in sehr trockenen Jahren betrifft. Dies zeigt eine neue Studie von MeteoSchweiz und der ETH Zürich.

schnee berge sommer bergtal
Bild: M. Bolliger

Trockenheit hat negative Auswirkungen auf viele Bereiche, darunter Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Energieerzeugung, Schifffahrt und die Ökologie. Während im Alpenraum zwischen 1976 und 2003 kaum Sommertrockenheit auftrat, gab es in den 2010er Jahren gleich mehrere Dürren. Wohl noch gut im Gedächtnis ist der Sommer 2018. Aber auch der Sommer 2015, der Frühling 2011 und natürlich der Hitzesommer 2003 waren sehr trocken. In einer neuen Studie hat das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz und die ETH Zürich Sommertrockenheit in den letzten 40 Jahre untersucht.

Schwierig zu erfassende Trockenheit

Trockenheit hat vielfältige Ausprägungen. Die Studie beschränkt sich vorwiegend auf landwirtschaftliche Dürren im Schweizer Mittelland. Für die Landwirtschaft ist das Bodenwasser entscheidend. Eine Dürre entsteht bei einem Mangel an Niederschlag und erhöhter Verdunstung über längere Zeit. Nur für Niederschlag sind langjährige und flächendeckende Beobachtungen verfügbar. Das Bodenwasser wird in der Schweiz erst seit 2008 an einigen Standorten gemessen. Noch weniger Beobachtungen sind für die schwierig zu messende Verdunstung vorhanden. Deshalb wurde in der Studie auf Daten von Reanalysen zurückgegriffen. Das sind Datensätze für die Vergangenheit, die mit Wettermodellen berechnet werden. Dabei fliessen Beobachtungen mit in die Berechnung ein.

Trockene Sommer der letzten 40 Jahre

Die deutlich trockensten Sommerhalbjahre seit 1981 waren 2018 und 2003. Es fiel rund ein Drittel weniger Niederschlag als im Durchschnitt 1981–2010. Zudem waren sie 2,6 und 2,3 °C wärmer als die langjährige Norm. Gemäss ERA5-Land Reanalyse war die Verdunstung um knapp 10 % erhöht und das Bodenwasser im obersten Meter Boden um 15–20 % reduziert. 2020, 2015 und 2011 waren ebenfalls trocken, aber deutlich weniger stark als die zwei Spitzenreiter. Sie waren zwischen 1,3 und 1,6 °C wärmer und der Niederschlag war um etwa 20 % reduziert. Die Verdunstung war um rund 10 % erhöht, das Bodenwasser um rund 10 % reduziert. 10–20 % weniger Bodenwasser klingt nicht nach sehr viel. Allerdings funktioniert die Vegetation unter einem bestimmten Wassergehalt nicht mehr richtig. Schon eine kleine Abnahme kann grosse Schäden verursachen.

Tendenz zu mehr Trockenheit

Neben mehreren Dürreereignissen in den letzten 20 Jahren lässt sich ein klarer Trend zu mehr Trockenheit erkennen. Die Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung) im Sommerhalbjahr hat sich von rund 50 mm Wasserüberschuss in den 1980er Jahren auf etwa 100 mm Wasserdefizit heute verschoben. Diesen Trend zu mehr Trockenheit bestätigen auch die Daten zum Bodenwasser im obersten Meter Boden. Es hat im Zeitraum 1981–2020 um etwa 20 mm oder gut 5 % abgenommen − je nach Datensatz auch mehr.

Treiber der Trockenheit

Die beiden Haupttreiber der Trockenheit im Boden sind Niederschlag und Verdunstung. Ein trockener Sommer zeichnet sich durch wenig Niederschlag aus. Erhöhte Verdunstung kann die Trockenheit zusätzlich verstärken. Die Niederschlagsmengen haben im Zeitraum 1981–2020 abgenommen − um 66 mm oder gut 10 %. Gleichzeitig hat die Verdunstung zugenommen − auch um rund 60 mm. Somit tragen abnehmender Niederschlag und zunehmende Verdunstung etwa im gleichen Mass zur Austrocknung in den letzten 40 Jahren bei. Die Zunahme der Verdunstung hängt vor allem mit der starken Erwärmung von +2,2 °C zusammen.

Konsistentes Bild übers Jahr

Ein deutliches Bild ergibt sich auch für die Änderungen in allen Monaten übers Jahr. Die Niederschläge haben in den meisten Monaten leicht abgenommen. Die Verdunstung hat von Februar bis September zugenommen, besonders stark im März, April und Juni. Die leichten Abnahmen im Niederschlag und die klare Zunahme der Verdunstung weisen somit auf eine deutliche Austrocknung hin. Das bestätigen die Trockenheitsmasse sehr schön. So zeigt das Bodenwasser eine Tendenz zu trockeneren Verhältnissen in allen Monaten von März bis Oktober.

Grosse Unsicherheiten und Herausforderungen

Obwohl sich ein klarer Trend hin zu mehr Sommertrockenheit zeigt, gibt es beträchtliche Unsicherheiten. Dies betrifft vor allem die Verdunstung und das Bodenwasser in extremen Jahren. So zeigen zum Beispiel gewisse Daten in sehr trockenen Sommern wie 2018 und 2003 eine deutlich stärkere Austrocknung der Böden. Auch die Verdunstung ist dabei deutlich reduziert. Die Analyse regionaler Trockenheit und ihrer Ursachen bleibt somit eine Herausforderung. Die Verbesserung der Datengrundlage ist ein wichtiges Ziel. Prozesse können so besser verstanden werden. Davon dürfte auch die Vorhersage und Warnung von Trockenheit profitieren.

Kategorien