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Matteo Fadel – Paradoxe Verschränkungen

Prix Schläfli 2019 in Physik

Ein Labyrinth von Spiegeln, ein glänzender Topf, zahllose Kabel und Digitalanzeigen. Besucht man Matteo Fadel an seinem Arbeitsplatz an der Universität Basel, nimmt er einen zuerst einmal ins Labor mit, da wo er eigenartigen Quantenphänomenen nachspürt. Irgendwo in der Mitte der Apparatur werden einige hundert Atome gefangen und in einen Zustand gebracht, der Physikerinnen und Physikern bis heute viel Kopfzerbrechen bereitet.

Matteo Fadel: Prix Schläfli 2019 Physik
Bild: Universität Basel

Im Gespräch nun auf der Terrasse des Institutsgebäudes spürt man rasch, dass es da immer gleichzeitig um physikalisch Handfestes wie um philosophisch Vertracktes geht – diesen Spagat übt Fadel schon seit langem. Bereits die Bachelorarbeit hatte sich um ein Paradoxon gedreht, um das so genannte «Black hole information loss problem». Und nun also Quantenphysik. Manche Paradoxien haben es ja bis in die Populärkultur geschafft, andere sind vor allem in Fachkreisen berühmt. Dazu gehört das EPR-Paradox, benannt nach einem Dreigestirn der theoretischen Physik: Einstein, Podolsky und Rosen. Es beschreibt den verschränkten Zustand zweier Teilchen, die diese Verschränkung auch beibehalten, wenn sie in weite Distanz voneinander gebracht werden – was Probleme mit der Heisenbergschen Unschärferelation nach sich zieht. Einstein und seine Kollegen formulierten es als Gedankenexperiment, um zu zeigen, wie unser Verständnis der zeitgenössischen Physik in Sackgassen führt. Inzwischen ist das Gedankenexperiment längst in den Physiklabors angekommen, es manifestiert sich zum Beispiel auch auf dem Labortisch in Basel. Fadel hat gemeinsam mit seinen Kollegen erstmals zeigen können, dass das EPR-Paradox auch in einem Vielteilchensystem beobachtet werden kann, wofür er nun mit dem Prix Schläfli ausgezeichnet wird – und damit gleich eine Publikation im renommierten Fachjournal Science als Erstautor abgeräumt. War er überrascht über diese frühe Weihe? Aus der Antwort spricht ein gesundes Selbstbewusstsein, auch wenn sie in sehr bescheidenem Tonfall kommt: «Wenn man ein Resultat sieht, weiss man natürlich, was es wert ist.»

Theoretische und Experimentalphysik sind zu getrennt

Um zu diesem Resultat zu gelangen, musste Fadel nicht nur tief ins theoretische Gebäude der Quantenphysik eindringen, er musste auch den experimentellen Aufbau beherrschen, der ein solche Beobachtung überhaupt möglich macht. Diese Doppelbegabung macht Fadels Arbeit aus, und dass er beides gleich ernst betreibt, merkt man eben, wenn er einem zunächst mit dem Stolz eines Hobbymodelleisenbahners seine Anlage zeigt und dann bei einem Kaffee zu erklären versucht, warum Quantenphysik viel mehr ist als ein intellektuelles Spielfeld für Leute, die Paradoxien lieben. Dass die theoretische und die Experimentalphysik üblicherweise so strikt getrennt sind, stört ihn. Es sei sicher nicht verkehrt, sich zu spezialisieren, aber so verliere man eben auch den Blick auf das grosse Ganze. Und es klingt fast ein wenig kokett, wenn er erklärt, dass er natürlich viel Zeit für Theorie wie für die praktischen Skills aufwenden müsse – und deshalb in keinem Feld ganz so gut sein könne wie Kolleginnen und Kollegen, die sich für das eine oder andere entscheiden. Für eine bedeutende Puplikation hat es auch so gereicht.

Matteo Fadel: Prix Schläfli 2019 Physik
Matteo Fadel: Prix Schläfli 2019 PhysikBild: Universität Basel

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