Die FOK-SNP fördert und koordiniert Forschungsprojekte im Schweizerischen Nationalpark, im Regionalen Naturpark Val Müstair und in der Pflege- und Entwicklungszone des Biosphärenreservats Engiadina Val Müstair.mehr

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Spuren des Klimawandels im Nationalpark

Besucher fragen immer wieder, welche Auswirkungen der Klimawandel auf den Schweizerischen Nationalpark habe. Der zeigt sich nämlich nicht nur durch wärmere Temperaturen oder weniger Schnee, sondern auch an Fauna und Flora.

Auf ausgewählten Gipfeln des Schweizerischen Nationalparks wurden bereits vor 100 Jahren die Anzahl Pflanzenarten erfasst. Eine erneute Inventur zeigt dass die Artenzahl in der Zwischenzeit um durchschnittlich 44 Prozent zugenommen hat. Das Gipfelmonitoring seit 2002 des Projekts GLORIA zeigt, dass dieser Trend vor allem darauf beruht, dass mit der Klimaerwärmung mehr Pflanzenarten in grössere Höhen vordringen können (Wipf in: Cratschla 2/2013 und Cratschla 1/2016) Fiederzwenken-Kolonien werden im SNP seit 1936 unter anderem auf der Alp Stabelchod auf 1950 m dokumentiert. Mittlerweile liegen die höchsten Fundorte in der Nationalparkregion bereits auf über 2300 m. Die Pflanze konkurrenziert unter anderem Futterpflanzen der Rothirsche. (Krüsi in: Atlas des Schweizerischen Nationaparks 2013, S. 94)
Bild: M. Bolliger

Die nachstehende Liste umfasst zahlreiche Indizien, die zusammen mit der Forschungskommission aus verschiedenen Forschungsprojekten in unterschiedlichsten Disziplinen zusammengetragen wurden. Sie hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt aber, dass die Auswirkungen breit gestreut und unübersehbar sind.

Seit 1994 werden im SNP beispielsweise systematisch phänologische Daten erfasst (Blattentfaltung, Blüte, Fruchtreife, Blattfall). Daraus können Veränderungen der Vegeationsperiode abgeleitet werden.

  • Temperaturanstieg: Die Klimastation Buffalora (1968 m ü.M.) zeigt von 1917–2017 einen Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1.1 bis 2.1 °C, wobei der grösste Anstieg im Frühling zu verzeichnen ist, der geringste im Herbst. Während die durchschnittliche Jahrestemperatur in Buffalora von 1961–1991 -0.1 °C betrug, waren es von 1981–2017 bereits +0.7 °C. Sämtliche Jahre seit 1985 waren wärmer als der Durchschnitt der letzten 100 Jahre (Atlas des Schweizerischen Nationalparks 2013, S. 214)
  • Witterung 2016: Die Engadiner Jahrestemperatur 2016 lag 0.6 bis 0.8 °C über der Norm 1981–2010 (und gar 1.6 °C über der Norm 1961–1990). Damit gehört das Jahr 2016 im Engadin zu den zehn wärmsten seit Messbeginn 1864. Der Winter 2015/16 lieferte in Samedan die Rekordwärme von 3.3 °C über der Norm. In den übrigen Regionen des Engadins war es der zweit- bis viertwärmste Winter seit Messbeginn. Der Sommer kam erst im Juli, verweilte dann aber mit ungewöhnlicher Wärme bis im September. Im Dezember führte anhaltendes Hochdruckwetter zu Sonnenscheinrekorden, zu Trockenheitsrekorden und zu ausgeprägter Schneearmut. (Angaben MeteoSchweiz)
  • Anzahl Niederschlagstage: Die Anzahl Tage mit Niedeschlag in der Region (Buffalora, Scuol, Müstair) nahm ab, die Jahressumme des Niederschlags aber zu.  Vergleich Mittel 1961–1990 und 1981–2010: Regetage nehmen in den Tallagen stark ab (minus 5-6 Tage), in der Höhe nur gering (minus 0,8 Tage); Die Niederschlagssumme nimmt im Unterengadin särker zu (+13 mm) als in der Höhe und in der Val Müstair (+4-6 mm). Tendenz: Mehr Niederschlag an weniger Regentagen, jedoch ausgeprägter in den Tälern als in den Bergen. (Angaben MeteoSchweiz)
  • Abflussverhalten: Im Abflussverhalten der Ova dal Fuorn und Ova da Cluozza zeigt sich, dass die beiden zurückliegenden Jahrzehnte (1993-2012) ein anderes Abflussverhalten aufweisen als die ersten drei gemessenen Jahrzehnte (1963-1992):  Der Monatsabflusss im Mai hat um rund 0,3 m3/s zugenommen, jener im Juni ist um rund 0.4 m3/s zurückgegangen (also tendenziell früherer Abfluss, v.a. in der Ova dal Fuorn). Der Monatsabfluss von Juni–August/September nahm in den beiden letzten Jahrzehnten um 0.1-0.3 m3/s ab. Zudem nahm die Zahl der Jahre mit einem erhöhten Monatsabfluss im Oktober zu. (Wissen schaffen 2014, S. 289-290).
  • Gletscher: Sämtliche Gletscher im Nationalparkgebiet sind im Verlauf der vergangenen 100 Jahre verschwunden
  • Permafrost taut an vielen Stellen auf. Exemplarisch dokumentiert ist dies bei der Klimastation am Munt Chavagl, die mit Messfühlern in verschiedenen Tiefen ausgerüstet ist. Hier werden auch die Bewegungsraten von Erdströmen erfasst. Hier liegt die längste kontinuierliche Messreihe über Solifluktion in den Alpen vor. (Rist et al. in: Atlas des Schweizerischen Nationalparks, 2013) Der Blockgletscher Val Sassa wird bereits seit 1919 untersucht. Während in den 1950er-Jahren Bewegungsbeträge von 50 cm/Jahr gemessen wurden, sind es heute nur noch wenige cm/Jahr. Einzelne Messpunkte haben sich von 2006–2016 um bis zu einen Meter gesenkt. Dies deutet auf abklingenden Permafrost im Untergrund hin. (Cratschla 1/2012)
  • Alpenschneehühner sind seit den 1990er Jahren durchschnittlich 120 m weiter oben zu finden.  (Atlas des Schweizerischen Nationalparks, 2013, S. 138)
  • Für den Schneehasen ist der Klimawandel ein Problem, da sein Lebensraum kleiner wird und die Vernetzung einzelner Populationen abnimmt. Modellrechnungen für den Alpenraum prognostizieren einen durchschnittlichen Lebensraumverlust von 35% bis ins Jahr 2100. Der Rückzug des Schneehasen in höhere Lagen dürfte zu einem Bestandsrückgang führen. (Rehnus in Cratschla 2/2016)
  • Steingeissen äsen heute im Sommer höher oben als noch vor 20 Jahren. Dies ist auf höhere Frühlingstemperaturen mit früherer Ausaperung zurückzuführen. (Hverfindal in: Cratschla 3/2013). Drei der häufigsten Huftierarten der Alpen – Gämse, Steinbock und Rothirsch – haben mit dem Klimawandel ihre Aufenthaltsorte im Spätsommer/Herbst in grössere Höhen verlagert. Dies hat ein internationales Forscherteam unter Leitung der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL nachgewiesen.
  • Die Schmetterlingsfauna im SNP wurde von 1920–1942 von Pictet dokumentiert. Neue Untersuchungen der Universität Lausanne (Cherix et al.) zeigen, dass z.B. der Rote Würfel-Dickkopffalter (Spialia sertorius) im Jahr 1942 auf maximal 1500 m ü.M. lebt, heute hingegen auf 2020 m. (Cherix 2017, Ausstellung Alpen und Hoher Norden)
  • Roesels Beissschrecke tritt neuerdings auch im Bereich der Alp Stabelchod auf, wo sie in den 1950er Jahren nie dokumentiert wurde. Diese Art profitiert von der Klimaerwärmung. (Schütz et al. in: Atlas des Schweizerischen Nationalparks 2013, S. 108)
  • Die höchstgelegenen Populationen der gefleckten Schnirkelschnecke befinden sich heute 146 m höher oben als vor 100 Jahren (Aufnahmen Bütikofer 1916). Detaillierte Informationen (Baur in: Cratschla 2/2013)
  • Die Alpen-Smaragdlibelle kommt auf der Seenplatte von Macun (2628 m ü.M.) in Weltrekordhöhe vor (Ilg et al. in: Cratschla 2/2013)
  • Auf ausgewählten Gipfeln des Schweizerischen Nationalparks wurden bereits vor 100 Jahren die Anzahl Pflanzenarten erfasst. Eine erneute Inventur zeigt dass die Artenzahl in der Zwischenzeit um durchschnittlich 44 Prozent zugenommen hat. Das Gipfelmonitoring seit 2002 des Projekts GLORIA zeigt, dass dieser Trend vor allem darauf beruht, dass mit der Klimaerwärmung mehr Pflanzenarten in grössere Höhen vordringen können (Wipf in: Cratschla 2/2013 und Cratschla 1/2016) Fiederzwenken-Kolonien werden im SNP seit 1936 unter anderem auf der Alp Stabelchod auf 1950 m dokumentiert. Mittlerweile liegen die höchsten Fundorte in der Nationalparkregion bereits auf über 2300 m. Die Pflanze konkurrenziert unter anderem Futterpflanzen der Rothirsche. (Krüsi in: Atlas des Schweizerischen Nationaparks 2013, S. 94)
  • Temperaturanstieg: Die Klimastation Buffalora (1968 m ü.M.) zeigt von 1917–2017 einen Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1.1 bis 2.1 °C, wobei der grösste Anstieg im Frühling zu verzeichnen ist, der geringste im Herbst. Während die durchschnittliche Jahrestemperatur in Buffalora von 1961–1991 -0.1 °C betrug, waren es von 1981–2017 bereits +0.7 °C. Sämtliche Jahre seit 1985 waren wärmer als der Durchschnitt der letzten 100 Jahre (Atlas des Schweizerischen Nationalparks 2013, S. 214)Bild: Bruno Schädler1/14
  • Witterung 2016: Die Engadiner Jahrestemperatur 2016 lag 0.6 bis 0.8 °C über der Norm 1981–2010 (und gar 1.6 °C über der Norm 1961–1990). Damit gehört das Jahr 2016 im Engadin zu den zehn wärmsten seit Messbeginn 1864. Der Winter 2015/16 lieferte in Samedan die Rekordwärme von 3.3 °C über der Norm. In den übrigen Regionen des Engadins war es der zweit- bis viertwärmste Winter seit Messbeginn. Der Sommer kam erst im Juli, verweilte dann aber mit ungewöhnlicher Wärme bis im September. Im Dezember führte anhaltendes Hochdruckwetter zu Sonnenscheinrekorden, zu Trockenheitsrekorden und zu ausgeprägter Schneearmut. (Angaben MeteoSchweiz)Bild: M. Bolliger2/14
  • Anzahl Niederschlagstage: Die Anzahl Tage mit Niedeschlag in der Region (Buffalora, Scuol, Müstair) nahm ab, die Jahressumme des Niederschlags aber zu. Vergleich Mittel 1961–1990 und 1981–2010: Regetage nehmen in den Tallagen stark ab (minus 5-6 Tage), in der Höhe nur gering (minus 0,8 Tage); Die Niederschlagssumme nimmt im Unterengadin särker zu (+13 mm) als in der Höhe und in der Val Müstair (+4-6 mm). Tendenz: Mehr Niederschlag an weniger Regentagen, jedoch ausgeprägter in den Tälern als in den Bergen. (Angaben MeteoSchweiz)Bild: chrisrobbins950 / pixabay3/14
  • Abflussverhalten: Im Abflussverhalten der Ova dal Fuorn und Ova da Cluozza zeigt sich, dass die beiden zurückliegenden Jahrzehnte (1993-2012) ein anderes Abflussverhalten aufweisen als die ersten drei gemessenen Jahrzehnte (1963-1992): Der Monatsabflusss im Mai hat um rund 0,3 m3/s zugenommen, jener im Juni ist um rund 0.4 m3/s zurückgegangen (also tendenziell früherer Abfluss, v.a. in der Ova dal Fuorn). Der Monatsabfluss von Juni–August/September nahm in den beiden letzten Jahrzehnten um 0.1-0.3 m3/s ab. Zudem nahm die Zahl der Jahre mit einem erhöhten Monatsabfluss im Oktober zu. (Wissen schaffen 2014, S. 289-290).Bild: M. Bolliger4/14
  • Gletscher: Sämtliche Gletscher im Nationalparkgebiet sind im Verlauf der vergangenen 100 Jahre verschwundenBild: B. Schädler5/14
  • Permafrost taut an vielen Stellen auf. Exemplarisch dokumentiert ist dies bei der Klimastation am Munt Chavagl, die mit Messfühlern in verschiedenen Tiefen ausgerüstet ist. Hier werden auch die Bewegungsraten von Erdströmen erfasst. Hier liegt die längste kontinuierliche Messreihe über Solifluktion in den Alpen vor. (Rist et al. in: Atlas des Schweizerischen Nationalparks, 2013) Der Blockgletscher Val Sassa wird bereits seit 1919 untersucht. Während in den 1950er-Jahren Bewegungsbeträge von 50 cm/Jahr gemessen wurden, sind es heute nur noch wenige cm/Jahr. Einzelne Messpunkte haben sich von 2006–2016 um bis zu einen Meter gesenkt. Dies deutet auf abklingenden Permafrost im Untergrund hin. (Cratschla 1/2012)Bild: Jeanette Nötzli6/14
  • Alpenschneehühner sind seit den 1990er Jahren durchschnittlich 120 m weiter oben zu finden. (Atlas des Schweizerischen Nationalparks, 2013, S. 138)Bild: böhringer friedrich, wikimedia7/14
  • Für den Schneehasen ist der Klimawandel ein Problem, da sein Lebensraum kleiner wird und die Vernetzung einzelner Populationen abnimmt. Modellrechnungen für den Alpenraum prognostizieren einen durchschnittlichen Lebensraumverlust von 35% bis ins Jahr 2100. Der Rückzug des Schneehasen in höhere Lagen dürfte zu einem Bestandsrückgang führen. (Rehnus in Cratschla 2/2016)Bild: Sgbeer8/14
  • Steingeissen äsen heute im Sommer höher oben als noch vor 20 Jahren. Dies ist auf höhere Frühlingstemperaturen mit früherer Ausaperung zurückzuführen. (Hverfindal in: Cratschla 3/2013). Drei der häufigsten Huftierarten der Alpen – Gämse, Steinbock und Rothirsch – haben mit dem Klimawandel ihre Aufenthaltsorte im Spätsommer/Herbst in grössere Höhen verlagert. Dies hat ein internationales Forscherteam unter Leitung der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL nachgewiesen.Bild: M. Bolliger9/14
  • Die Schmetterlingsfauna im SNP wurde von 1920–1942 von Pictet dokumentiert. Neue Untersuchungen der Universität Lausanne (Cherix et al.) zeigen, dass z.B. der Rote Würfel-Dickkopffalter (Spialia sertorius) im Jahr 1942 auf maximal 1500 m ü.M. lebt, heute hingegen auf 2020 m. (Cherix 2017, Ausstellung Alpen und Hoher Norden)Bild: Bernard Dupont, wikimedia10/14
  • Roesels Beissschrecke tritt neuerdings auch im Bereich der Alp Stabelchod auf, wo sie in den 1950er Jahren nie dokumentiert wurde. Diese Art profitiert von der Klimaerwärmung. (Schütz et al. in: Atlas des Schweizerischen Nationalparks 2013, S. 108)Bild: G.-U. Tolkiehn, wikimedia11/14
  • Die höchstgelegenen Populationen der gefleckten Schnirkelschnecke befinden sich heute 146 m höher oben als vor 100 Jahren (Aufnahmen Bütikofer 1916). Detaillierte Informationen (Baur in: Cratschla 2/2013)Bild: Denis Barthel, wikimedia12/14
  • Die Alpen-Smaragdlibelle kommt auf der Seenplatte von Macun (2628 m ü.M.) in Weltrekordhöhe vor (Ilg et al. in: Cratschla 2/2013)Bild: Gilles San Martin, wikimedia13/14
  • Auf ausgewählten Gipfeln des Schweizerischen Nationalparks wurden bereits vor 100 Jahren die Anzahl Pflanzenarten erfasst. Eine erneute Inventur zeigt dass die Artenzahl in der Zwischenzeit um durchschnittlich 44 Prozent zugenommen hat. Das Gipfelmonitoring seit 2002 des Projekts GLORIA zeigt, dass dieser Trend vor allem darauf beruht, dass mit der Klimaerwärmung mehr Pflanzenarten in grössere Höhen vordringen können (Wipf in: Cratschla 2/2013 und Cratschla 1/2016) Fiederzwenken-Kolonien werden im SNP seit 1936 unter anderem auf der Alp Stabelchod auf 1950 m dokumentiert. Mittlerweile liegen die höchsten Fundorte in der Nationalparkregion bereits auf über 2300 m. Die Pflanze konkurrenziert unter anderem Futterpflanzen der Rothirsche. (Krüsi in: Atlas des Schweizerischen Nationaparks 2013, S. 94)Bild: M. Bolliger14/14

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