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Bild: Manu Friedrich

Minimale Zelle mit nur 473 lebenswichtigen Genen

Forschende haben ein minimales Bakteriengenom entworfen und hergestellt, welches nur absolut lebensnotwendige Gene enthält. Mit nur 473 Genen ist es kleiner als jedes bisher bekannte Erbgut selbstreplizierender Zellen.

Querschnitt durch Mycoplasma mycoides
Bild: Wellcome Images

Dieses Forschungsprojekt ist eine Weiterführung einer im 2010 publizierten wegweisenden Arbeit desselben Teams. Damals konnten die Forschenden zeigen, dass ein am Computer entworfenes und chemisch synthetisiertes Genom in eine Empfängerzelle eingesetzt und dadurch eine neue, selbstreplizierende Zelle produziert werden kann, welche vom synthetische Genom gesteuert wird.

Nach dieser Machbarkeitsstudie hat sich das Forschungsteam unter der Leitung von Craig Venter und Clyde Hutchison daran gemacht, ein seit bereits 1995 angestrebtes Ziel anzugehen: das Synthetisieren einer minimalen Zelle, welche nur jene Gene enthält, die für das Leben in seiner einfachsten Form zwingend sind. Dadurch erhoffen sich die Forschenden Erkenntnisse über die einzelnen Funktionen der lebenswichtigen Gene einer Zelle.

Für diese Arbeit benutzten Venter, Hutchison und ihre KollegInnen erneut das Bakterium Mycoplasma, da es das kleinste Genom aller selbstreplizierenden Zellen besitzt. In 2010 hatten die Forschenden bereits das Genom von Mycoplasma mycoides synthetisiert. In einer Reihe von Experimenten unterbrachen die WissenschaftlerInnen nun die Funktion der einzelnen Gene dieses synthetischen Genoms, um herauszufinden, welche für das Funktionieren der Bakterienzelle notwendig sind. So verkleinerten sie nach und nach das Erbgut und wiederholten die Experimente solange, bis keine weiteren Gene unterbrochen werden konnten.

Besonders wichtig dabei war die Erkenntnis, dass gewisse Gene, welche auf den ersten Blick als „nicht-essentiell“ kategorisiert worden waren, die gleiche Funktion wie ein zweites Gen ausübten: eines der beiden Gene musste deshalb im Minimalgenom vorhanden sein, nicht aber beide. Eine endgültige Version des Genoms – JCVI-syn3.0 genannt – besteht aus 473 Genen und ist kleiner als das Genom jeder bisher bekannten selbstreplizierenden, natürlich vorkommenden Zelle.

Dem Minimalgenom JCVI-syn3.0 fehlen alle Gene, die für die Veränderung der DNA gebraucht werden, und grösstenteils jene Gene, welche für Lipoproteine kodieren. Hingegen enthält es fast alle Gene, welche für das Ablesen, die Exprimierung und die Vervielfältigung der genetischen Information zuständig sind. Interessanterweise bleibt die Funktion von etwa 31% der im Minimalgenom enthaltenen Gene unbekannt. Da ähnliche Gene in anderen Organismen gefunden wurden, wird vermutet, dass diese für allgemein wichtige Eiweisse mit noch unbekannten Funktionen kodieren.

Dr. Adam Arkin, Direktor des Berkeley Synthetic Biology Instituts und selber nicht am Projekt beteiligt, schreibt zum Projekt: „Es ist wichtig zu verstehen, dass hier nicht Leben von Grund auf neu geschaffen wurde. Es wurden nicht jln-essentielle Funktionen eines Organismus ausgeschalten, und Gene, welche dem Leben zu Grunde liegen, neu zusammen gesetzt. Hinzu kommt, dass die Funktion von 149 Genen nicht bestimmt werden konnte. Aber ist dies ein Riesenschritt in der Entwicklung von Werkzeugen, die echte Innovationen ermöglichen werden? Ich denke, ja.“

Quelle: Pressemitteilung der AAAS (angepasst und übersetzt) sowie Genetic Expert News Service (Zitat Dr. Arkin).
Bild: Querschnitt durch Mycoplasma mycoides (Wellcome Images, CC BY-NC-ND 2.0).

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