Tierversuche, darf man das? Im Webportal geben Forscherinnen und Forscher der Gesellschaft für Versuchstierkunde Antworten aus ihrer Sicht auf häufig gestellte Fragen.

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Warum verwenden Forschende nicht häufiger Alternativmethoden?

Multiphoton fluorescence image of HeLa cells stained with the actin binding toxin phalloidin (red), microtubules (cyan) and cell nuclei (blue)
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Wenn eine alternative Methode zur Verfügung steht und «nach dem Stand der Kenntnisse» (s. Tierschutzgesetz) geeignet ist, das Versuchsziel zu erreichen, darf kein Tierversuch durchgeführt werden. Wenn Forscherinnen und Forscher die Genehmigung für einen Tierversuch beantragen, müssen sie begründen, weshalb sie nicht auf Methoden ohne Tiere zurückgreifen. Solche Alternativmethoden werden häufiger verwendet als gemeinhin vermutet wird. Da deren Einsatz aber nicht statistisch erfasst wird, fehlen konkrete Zahlen. Für viele Tierversuche sind im Moment allerdings noch keine verlässlichen Alternativmethoden vorhanden.

Ein Körper, egal ob von Menschen oder Tier, besteht aus verschiedenen Organen und Zelltypen, die durch komplexe Systeme miteinander verbunden sind. Es ist daher kaum möglich, von Studien an einzelnen Zellen oder an Gewebekulturen auf die Wirkung eines Wirkstoffs im ganzen Organismus zu schliessen.

Es gibt daher kein „Entweder – Oder“: Forscherinnen und Forscher arbeiten nicht «entweder am Tier – oder mit Alternativmethoden». In der Regel werden beide Ansätze kombiniert, d.h. es werden Untersuchungsmethoden ohne Tiere und Studien mit Tieren durchgeführt, wenn diese notwendig sind. Untersuchungen an künstlichen Organen sind ein Beispiel für Alternativmethoden, die häufig durch Tierversuche ergänzt werden. Die Wirkung eines Stoffes auf ein Organ in gewissen Fällen auch in einer Gewebe- oder Zellkultur getestet werden. Die Wechselwirkungen im Körper kann man aber erst im Tierversuch richtig beurteilen; sie sind entscheidend für die Nebenwirkungen von Medikamenten. Ein Herzmedikament wirkt auf isoliertes Herzgewebe anders als im Zusammenspiel mit der Leber, wo ein Teil des Medikaments abgebaut oder verändert wird.

Teilweise sind Forscher und Forscherinnen auch durch nationale oder internationale gesetzliche Vorgaben gezwungen, Tierversuche durchzuführen, weil Ersatzmethoden noch nicht anerkannt wurden. Es dauerte über 15 Jahre, bis ein Toxizitätstest mit Fischzellen entwickelt werden konnte, der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) offiziell bewilligt wurde. Der Test dient dazu, die akute Giftigkeit von Wasserproben und Chemikalien auf Fische zu bestimmen. Bis dahin starben jedes Jahr Tausende von Fischen, um an ihnen die Giftigkeit der Produkte zu untersuchen.