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Mesonenzerfall

Nach 25 Jahren fündig

Wie oft zerfällt ein Bs0-Meson in zwei Myonen? Die Frage treibt Physiker seit fast 25 Jahren um. Jetzt haben sie am CERN in Genf eine Antwort gefunden. Die Universität Zürich war bei dem Experiment an vorderster Front mit dabei.

Prof. Ulrich Straumann

Mesonen sind keine Elementarteilchen. Mesonen sind vielmehr die Verbindung von zwei Elementarteilchen, nämlich einem Quark und einem Antiquark. Da sechs Arten von Quarks und nochmals soviele Antiquarks existieren, gibt es zahlreiche Arten von Mesonen. Eine Art sind die Bs0-Mesonen. Sie bestehen aus einem Strange-Quark und dem Antiteilchen des Bottom-Quarks.

Mesonen können in Teilchenbeschleunigern erzeugt werden. Sie sind allerdings nicht stabil, sondern zerfallen nach kurzer Lebensdauer wieder in andere Teilchen. Das gilt auch für Bs0-Mesonen. Sie zerfallen in Hunderten unterschiedlicher Prozesse; in sehr seltenen Fällen auch in zwei Myonen. Dieser Zerfall wird seit 25 Jahren vorausgesagt. Jetzt konnte er am LHCb-Experiment in Genf nachgewiesen werden, wie das Physik-Institut der Universität Zürich heute mitgeteilt hat. Das LHCb-Experiment ist eines der vier grossen Experimenten, die zur Zeit am Teilchenbeschleuniger des CERN durchgeführt werden.

Der Nachweis ist das vorläufige Ende einer spektakulären Suche, die rund ein Vierteljahrhundert gedauert hat. Das besondere an dem beobachteten Zerfall ist, dass er sehr selten stattfindet: von einer Milliarde Bs0-Mesonen, die im Genfer Teilchenbeschleuniger erzeugt werden, zerfallen nur rund drei in zwei Myonen. „Dies ist etwa 35-mal unwahrscheinlicher, als im Schweizer Zahlenlotto sechs richtige zu tippen“, schreiben die Zürcher Physiker in ihrer Mitteilung. Diese Zerfallshäufigkeit haben die Theoretiker vorausgesagt. Und sie wird durch die bisher vorliegenden Messdaten bestätigt.

Wird diese Häufigkeit durch die weiteren Messungen bestätigt, würde damit das Standardmodell der Teilchenphysik bekräftigt. Das Standardmodell beschreibt die Grundbausteine der Materie und die zwischen ihnen wirkenden Kräfte. Denkbar ist aber auch eine andere Entwicklung: Dass nämlich genauere Messungen zeigen werden, dass die Zerfallshäufigkeit doch nicht genau so ausfällt wie im Standardmodell vorausgesagt. „In diesem Fall gäbe unser Experiment Hinweise auf Phänomene jenseits des Standardmodells“, sagt Ulrich Straumann, Physikprofessor an der Universität Zürich. Klarheit werden die weiteren Messungen in den kommenden Jahren schaffen.

Die Universität Zürich und die ETH Lausanne sind die zwei Schweizer Institutionen, die massgeblich am LHCb-Experiment beteiligt sind. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Ulrich Straumann hat für das Experiment ein Detektorelement mit dem Namen 'Tracker Turicensis' entwickelt. Dieser Apparat ist unter anderem wichtig, um den Zerfall von Bs0-Mesonen in andere Teilchen zu messen.

Benedikt Vogel (veröffentlicht: 12. November 2012)

  • Die Illustration zeigt, wie bei der Kollision von zwei Protonen erst ein B-Meson entsteht (blau), das dann in zwei Myonen zerfällt (violett).
  • Prof. Ulrich Straumann
  • Die Illustration zeigt, wie bei der Kollision von zwei Protonen erst ein B-Meson entsteht (blau), das dann in zwei Myonen zerfällt (violett).1/2
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