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Über 160 Subventionen schaden der Biodiversität in der Schweiz

Mit über 160 Subventionen aus unterschiedlichen Bereichen werden nicht nur politische Ziele verfolgt, sondern auch die Biodiversität beeinträchtigt, wie Forschende der Eidg. Forschungsanstalt WSL und des Forums Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz in ihrer am Montag veröffentlichen Studie zeigen. Dabei hat sich die Schweiz im Rahmen der Biodiversitätskonvention verpflichtet, biodiversitätsschädigende Subventionen bis 2020 anzupassen oder abzuschaffen.

Cover Biodiversitätsschädigende Subventionen
Bild: Hansjakob Fehr, 1kilo

Die Zweckbindung der Verkehrsabgaben, die Förderung von Kleinwasserkraftwerken, reduzierte Steuersätze auf Mineralöl, der Steuerabzug für die Unternutzung von Wohneigentum und vieles mehr: Bund, Kantone und Gemeinden kennen über 160 Subventionen, die nicht nur beabsichtigte Ziele fördern, sondern zugleich die Biodiversität schädigen. Die Subventionen umfassen neben Zahlungen der öffentlichen Hand auch Mindereinnahmen, z.B. durch Steuerreduktionen, sowie nicht internalisierte externe Kosten. Die Subventionen betreffen vor allem die Politikfelder Verkehr, Landwirtschaft, Energieproduktion und Siedlungsentwicklung. «Die Biodiversitätskrise könnte entschärft werden, würden Subventionen nur gewährt, wenn sie die Biodiversität nachweisbar nicht beeinträchtigen», sagt Irmi Seidl (WSL). Inzwischen sind ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten und fast die Hälfte der Lebensraumtypen in der Schweiz gefährdet.

Die identifizierten Subventionen sind nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern auch ökonomisch ineffizient: Verursachen Subventionen zunächst Schäden, so braucht es für ihre Behebung oft weitere öffentliche Mittel – ebenso wie vielerorts für Biodiversitätsförderung. Dabei nehmen die Kosten zu: In 30 Jahren, so schreibt das Bundesamt für Umwelt BAFU, dürften die Verluste der Ökosystemleistungen wie Schwund fruchtbarer Böden oder Abnahme sauberen Wassers rund vier Prozent des BIP betragen.

Um den Rückgang der Biodiversität zu bremsen und die Strategie Biodiversität Schweiz zu erfüllen, müsse die Politik die schädigenden Subventionen umgestalten oder abschaffen, schreiben die Forschenden. Und formulieren konkrete Empfehlungen: Bei der regelmässigen Überprüfung von Subventionen gemäss Subventionsgesetz soll «Biodiversität» neu als Kriterium aufgenommen werden. Dies betreffe den Bund, aber auch die Kantone und Gemeinden. Weiter soll die Zweckbindung der Verkehrsabgaben aufgehoben oder mindestens ein Teil der Mittel abgeschöpft werden. Die landwirtschaftlichen Basisbeiträge sollen an biodiversitätsfördernde Auflagen geknüpft werden. Die Fördergelder für die Kleinwasserkraftwerke sollen – im Sinne der Schweizer Energiestrategie – zielführender als bisher eingesetzt und der Steuerabzug für den Mineralölverbrauch nur in Ausnahmefällen gewährt werden. Der Steuerabzug bei Unternutzung von Wohneigentum soll abgeschafft werden, womit der Flächenbedarf und somit der Druck auf weiteres Einzonen und Überbauen sinken könnten – zugunsten naturnaher Lebensräume.

Die Forschenden der Eidg. Forschungsanstalt WSL und des Forums Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften haben biodiversitätsschädigende Subventionen identifiziert und quantifiziert, den Grad der Schädigung eingeschätzt und auch beurteilt, wie leicht sich eine Subvention ändern liesse. Die Studie wurde von Pro Natura und BirdLife Schweiz unterstützt.

Den Grundlagenbericht finden Sie unter wsl.ch/subventionen

  • Anzahl biodiversitätsschädigender Subventionen in jedem der acht untersuchten Sektoren, ihre Wirkung und schädigenden Anteile. (Zahl im Kreis benennt Anzahl Subventionen)
  • Siedlungsflächen versiegeln fortdauernd weiteren Boden und tragen dadurch zum Verlust von Lebensräumen bei. Eine Vielzahl von Steuererleichterungen verbilligen Wohneigentum und treiben damit die Versiegelung voran.
  • Aufgrund der subventionierten Wasserkraftnutzung wird heute von vielen Gebirgsbächen Wasser für Kraftwerke abgezweigt: dies unterbindet die Durchgängigkeit der Gewässer und stört die Fliessdynamik. In der Folge nimmt dort die Biodiversität ab.
  • Das engmaschige Verkehrsnetz im Schweizer Mittelland lässt immer weniger Raum für grosse zusammenhängende Lebensräume. Subventionen zugunsten des Verkehrsausbaus schmälern die Lebensräume weiter und verdrängen Tier- und Pflanzenarten.
  • Die Erschliessung von neuen Grundstücken zerschneidet und versiegelt noch ungestörte Lebensräume. Neuerschliessungen werden subventioniert durch eine teilweise Übernahme von Erschliessungskosten sowie geringe Mehrwertabgaben.
  • Waldstrassen und -wege zerschneiden zusammenhängende Lebensräume und erschliessen Gebiete für Freizeitaktivitäten, die sonst noch vergleichsweise ungestört sind.
  • Das Entfernen von Kleinstrukturen (Steinhaufen, Mauern, Hecken) vereinheitlicht die Landschaft. Verschiedene Subventionen fördern eine intensivierte landwirtschaftliche Bewirtschaftung auch in höheren Lagen.
  • Anzahl biodiversitätsschädigender Subventionen in jedem der acht untersuchten Sektoren, ihre Wirkung und schädigenden Anteile. (Zahl im Kreis benennt Anzahl Subventionen)Bild: Hansjakob Fehr, 1kilo1/7
  • Siedlungsflächen versiegeln fortdauernd weiteren Boden und tragen dadurch zum Verlust von Lebensräumen bei. Eine Vielzahl von Steuererleichterungen verbilligen Wohneigentum und treiben damit die Versiegelung voran.Bild: Alfred Krebs, Entomologie/Botanik, ETH Zürich2/7
  • Aufgrund der subventionierten Wasserkraftnutzung wird heute von vielen Gebirgsbächen Wasser für Kraftwerke abgezweigt: dies unterbindet die Durchgängigkeit der Gewässer und stört die Fliessdynamik. In der Folge nimmt dort die Biodiversität ab.Bild: Lena Gubler3/7
  • Das engmaschige Verkehrsnetz im Schweizer Mittelland lässt immer weniger Raum für grosse zusammenhängende Lebensräume. Subventionen zugunsten des Verkehrsausbaus schmälern die Lebensräume weiter und verdrängen Tier- und Pflanzenarten.Bild: Lena Gubler4/7
  • Die Erschliessung von neuen Grundstücken zerschneidet und versiegelt noch ungestörte Lebensräume. Neuerschliessungen werden subventioniert durch eine teilweise Übernahme von Erschliessungskosten sowie geringe Mehrwertabgaben.Bild: Lena Gubler5/7
  • Waldstrassen und -wege zerschneiden zusammenhängende Lebensräume und erschliessen Gebiete für Freizeitaktivitäten, die sonst noch vergleichsweise ungestört sind.Bild: Lena Gubler6/7
  • Das Entfernen von Kleinstrukturen (Steinhaufen, Mauern, Hecken) vereinheitlicht die Landschaft. Verschiedene Subventionen fördern eine intensivierte landwirtschaftliche Bewirtschaftung auch in höheren Lagen.Bild: Lena Gubler7/7

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Kontakt

PD Dr. Irmi Seidl
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL)
Zürcherstrasse 111
8903 Birmensdorf