Die Synthetische Biologie zielt darauf ab, biologische Systeme zu entwerfen, nachzubauen oder zu verändern. Das Webportal beleuchtet naturwissenschaftliche, ethische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte der Synthetischen Biologie. Ein Fokus liegt dabei auf Projekten und Aktivitäten in der Schweiz.mehr

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Biosensoren und Bioremediation

Verschmutzungen in Böden und Grundwasser können die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden. Oft sind solche Verunreinigungen nur mit grossem Aufwand zu beseitigen. Die Synthetische Biologie verfügt über Instrumente, um leistungsfähige Mikroorganismen herzustellen, die Schadstoffe auf biologischem Weg abbauen können.

Biologische Abfallbeseitung mit Hilfe von Bakterien

Die biologische Entgiftung (Bioremediation) ist eine nachhaltige und kostengünstige Technik der Abfallbeseitigung. Sie nutzt Bakterien, Pilze und Pflanzen, um Schadstoffe aus Boden oder Grundwasser zu entfernen oder zu neutralisieren. Dabei brechen in der Natur vorkommende Mikroorganismen gefährliche Substanzen – z. B. Rohölkomponenten, Pestizide oder chlorierte Lösungsmittel – in weniger toxische oder gar ungiftige Stoffe auf. Dieser Prozess kann entweder vor Ort stattfinden, indem das verschmutzte Material am Standort selber behandelt wird. Oder aber es wird entfernt und anderswo – z.B. in einer Deponie – behandelt. Oft muss Bioremediation an Ort durch das Hinzufügen von Nähr- oder Sauerstoff angeregt oder beschleunigt werden, damit die Organismen die Schadstoffe aufnehmen können (s. dazu die Ölpest von Exxon Valdez).1

Genetische Veränderungen eröffnen neue Möglichkeiten

Neuartige Chemikalien, die ursprünglich in der Natur nicht vorkommen, sind von Mikroorganismen nur schwer abzubauen. Dies kann geändert werden, wenn indem den Mikroorganismen Gene eingeführt werden, die für den biologischen Abbau dieser Chemikalien notwendig sind. So können auch diese hart zu knackenden chemischen Substanzen abgebaut werden.

Mit Bakterien Schadstoffe aufspüren

Um schädliche Chemikalien überhaupt aufzuspüren, können Bioreporter nützlich sein. Bioreporter sind lebende Mikroorganismen, die eine Rolle als „Wachhund“ erfüllen. Sie dienen damit als Frühwarnsystem für ungünstige und schädliche Umweltbedingungen. Beim Kontakt mit Chemikalien produzieren Bioreporter fluoreszierende oder andere Signale. Durch die Signale kann das Auftreten chemischer Verunreinigungen in geringsten Konzentrationen gemessen werden.2 Für die technische Anwendung werden Bioreporter ähnlich wie in der Computerindustrie auf Mikroplatten befestigt und in eigens dafür entworfene analytische Geräte integriert. Während sich Bioreporter in den Labors vielfach bewährt haben, muss ihr Einsatz im Freien noch intensiv untersucht werden.

Wieso ist das Synthetische Biologie?

Bakterien und Pilze sind darauf ausgerichtet, totes organisches Material wie etwa die Reste von Pflanzen und Tieren abzubauen. Es fällt ihnen hingegen oft sehr schwer, vom Menschen hergestellte Chemikalien zu zerlegen. Die Evolution der dafür erforderlichen biochemischen Reaktionen kann unter natürlichen Bedingungen bis zu 500 Jahre dauern. Mit Hilfe der Synthetischen Biologie kann man verschiedene Gene aus mehreren Mikroorganismen in einer einzigen Art kombinieren und so die Fähigkeit zum Abbau dieser Chemikalien bilden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, die Umwelt biologisch vor Verschmutzungen zu reinigen. Bioreporter werden durch Einbringen spezifischer Gene in die Lage versetzt, messbare Signale wie z.B. Leuchteffekte durch den Kontakt mit Chemikalien zu produzieren und diese so messbar zu machen. Sie erhalten also neuartige Eigenschaften, wie sie so in der Natur nicht vorkommen.

Herausforderungen

Wenn Mikroorganismen als Bioreporter zum Einsatz kommen, werden sie in Analyseinstrumente eingebunden. Es wird nur eine beschränkte Zahl Mikroorganismen verwendet, die auch nicht in die Umwelt freigesetzt wird. Ihre Fähigkeit, ein Signal auszusenden, wenn sie eine Umweltverschmutzung entdecken, gewährt ihnen in der natürlichen Selektion keinen Vorteil gegenüber andern Mikroorganismen. Auch wenn sie also unbeabsichtigt in die Umwelt gelängen, würden sie sich dort nicht weiterverbreiten.

Mikroorganismen, die beim biologischen Abbau von Schadstoffen eingesetzt werden, sind natürliche Organismen, die entweder am verschmutzten Standort vorkommen oder die von einer anderen verschmutzten Stelle hergebracht werden. Sie müssen dazu sorgfältig ausgewählt werden, damit sie keine unerwünschten Auswirkungen auf die Umwelt haben. Sie stellen weder für Menschen noch für Tiere oder Pflanzen eine gesundheitliche Gefährdung dar. Dies trifft auch auf Mikroorganismen zu, denen Gene aus andern Mikroorganismen zugeführt wurden, die für den Abbau von Verschmutzungen zuständig sind. Diese Abbaugene kommen ja in der Natur bereits vor und bieten den Mikroorganismen keinen Vorteil mehr, sobald die Verschmutzung eliminiert ist.

Biosensoren: Nachweis von Arsen im Trinkwasser.
Biosensoren: Nachweis von Arsen im Trinkwasser.

Bakterien erkennen Arsen im Trinkwasser. Eine Forschungsgruppe um Prof. van der Meer an der Universität Lausanne hat Bakterien so verändert, dass sie beim Kontakt mit Arsen zu leuchten beginnen [7]. Bild: Franziska Oeschger, Forum Genforschung.

Aktivitäten in der Schweiz

Auch die Schweiz kennt verunreinigte Standorte - einen Überblick gibt NABO.3

Das Departement für Umweltmikrobiologie an der EAWAG4 untersucht, wie Mikroorganismen Verschmutzungen im Wasser und in Landwirtschaftsböden abbauen, um damit zu einer besseren Abwasserreinigung und erhöhten Wasserqualität beizutragen.

Das Labor für Umweltmikrobiologie an der EPFL5 untersucht in der Region Thun und im Kanton Tessin, wie Bodenorganismen Chromverschmutzungen fixieren.

Das Departement für Grundlagenmikrobiologie an der Universität Lausanne befasst sich mit dem Einsatz bakterieller Bioreporter, die auf Microchips fixiert sind.6 Die neusten Ergebnisse umfassen die Entwicklung von Bioreportern für Arsen.7 Die selbe Lausanner Forschungsgruppe ist ebenfalls massgeblich am Projekt BRAAVOO beteiligt, das darauf abzielt, mit Hilfe verschiedener Biosensoren die Wasserqualität im Meer in Echzeit zu messen.8

Im Projekt „Envirobot“ konstruieren die Universität Lausanne, die EAWAG, die EPFL und die Fachhochschule für Ingenieurwesen im Wallis gemeinsam einen Roboter, der Wasserproben sammelt und analysiert, indem er parallel Bioreporter und chemische Sensoren einsetzt.9

Referenzen

  1. Atlas RM and Hazen TC (2011) Oil Biodegradation and Bioremediation: A Tale of the Two Worst Spills in U.S. History. Environ Sci Technol. 45(16): 6709–6715. Link
  2. Xu T et al. (2013) Genetically modified whole-cell bioreporters for environmental assessment. Ecological Indicators 28:125-141. Link
  3. NABO: Nationale Bodenbeobachtung. Link
  4. Abteilung Umweltmikrobiologie, EAWAG. Link
  5. Environmental Microbiology Laboratory, EPF Lausanne. Link
  6. Department of Fundamental Microbiology, University of Lausanne. Link
  7. Merulla D, Hatzimanikatis V and van der Meer JR (2013) Tunable reporter signal production in feedback-uncoupled arsenic bioreporters. Microb Biotechnol 6 (5): 503-14. Link
  8. BRAAVOO - biosensors for real-time monitoring of marine contaminants. Link
  9. Envirobot – a Nano Tera project. Link
Fragezeichen
Bild: wikimedia commons

Was ist ein Gen? Und was der Unterschied zwischen einem Bakterium und Virus?

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