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Lesya Shchutska ist Preisträgerin des Latsis-Preises 2023

Der Schweizer Wissenschaftspreis Latsis 2023 geht an Lesya Shchutska, Physikprofessorin an der EPFL. Ihre Forschung ebnet den Weg zur Entdeckung von fehlenden Teilchen.

Der Schweizer Wissenschaftspreis Latsis 2023 geht an Lesya Shchutska.
Bild: SNSF, Mathilda Olmi

«Ich freue mich sehr über die Verleihung des Latsis-Preises. Und ich bin auch etwas überrascht, da ich in der Teilchenphysik keine grosse Entdeckung gemacht habe.» Lesya Shchutska, Professorin an der EPFL, bleibt im Erfolg bescheiden. Und realistisch: «Seit der Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012 gibt es in der Teilchenphysik eigentlich keine zu verifizierende Theorie mehr», meint sie.

Tatsächlich werden in dem Gebiet keine spektakulären neuen Erkenntnisse mehr erwartet. Das Standardmodell wurde vor rund 50 Jahren erstellt und fasst alle wesentlichen Erkenntnisse der Teilchenphysik zusammen. Es funktioniert gut mit 17 Elementarteilchen und vier Kraftteilchen. Zu letzteren gehört das jüngst entdeckte Higgs-Boson.

Ideen für eine neue Physik

Das Modell hat aber dennoch gewisse Lücken, die Physiker und Physikerinnen zu erklären versuchen. «Kurz gesagt wollen wir das Standardmodell dort ergänzen, wo es bestimmte Beobachtungen oder Phänomene nicht erklären kann, zum Beispiel die dunkle Materie.» Daran arbeitet die 37-jährige Forscherin mit ihrem Team und Kolleginnen und Kollegen an zahlreichen Instituten auf der ganzen Welt. Für diese brillanten Arbeiten im Bereich der «neuen Physik» und insbesondere für die Suche nach Teilchen, die das Standardmodell erweitern, wird sie vom Schweizerischen Nationalfonds mit dem Schweizer Wissenschaftspreis Latsis 2023 ausgezeichnet.

Eine Schwäche für schwere Neutrinos

Die Wissenschaftlerin stützt sich für ihre Analysen auf umfangreiche Daten aus Experimenten mit Teilchenkollisionen, insbesondere zwischen Protonen. Sie verwendet dazu Ergebnisse von Experimenten am CERN in Genf. Konkret überprüft sie, ob es Hinweise für schwere Neutrinos gibt, obwohl gemäss Standardmodell nur Neutrinos mit geringer Masse existieren sollten.

Die Theorie der schweren Neutrinos wurde von Professor Mikhail Shaposhnikov von der EPFL formuliert. Damit liesse sich das Standardmodell mit unerklärten Phänomenen wie der Beschaffenheit der dunklen Materie in Einklang bringen. «Ich habe eine Schwäche für diese Theorie», gesteht die Forscherin. «Denn wenn wir die Existenz von schweren Neutrinos nachweisen, würde dies sämtliche Grenzen des heutigen Modells erklären.» Doch selbst wenn diese Teilchen wirklich existieren, sind sie schwierig nachzuweisen, da sie nur sehr geringe Wechselwirkungen mit den bekannten Teilchen eingehen.

Was, wenn sie selber nie eine entscheidende Entdeckung machen wird? «Das ist durchaus möglich. Auf jeden Fall können wir aber mit unseren Experimenten bereits gewisse Hypothesen ausschliessen, was auch eine Möglichkeit ist, zum Fortschritt der Wissenschaft beizutragen. Zudem führen unsere Entwicklungen auch zu anderen Anwendungen, zum Beispiel in der Medizin oder in der Datenanalyse.»

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