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Juni-Hitzewelle mit Rekorden

Nach einem gewitterhaften Junibeginn mit verbreiteten Schauern wurde die Schweiz Mitte Juni von einer kräftigen Hitzewelle erfasst. Gebietsweise stieg die Tagesmaximum-Temperatur auf neue Junirekorde. Mehrere Messstandorte verzeichneten für den Monat Juni 2022 eine der heissesten Dreitagesperioden seit Messbeginn.

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Bild: pixabay

Anhaltendes Hochdruckwetter

Nach einem vorwiegend gewitterhaften Junibeginn stellte sich ab dem 10. Juni 2022 eine langdauernde Periode mit meist sonnigem Hochdruckwetter ein. Auf den 16. Juni installierte sich ein Hoch über England. Es verlagerte sich anschliessend langsam nach Südosteuropa und sorgte für die heissen Tage in der Schweiz.

Das grosse Schwitzen

Die Hitzeperiode wurde am 15. Juni eingeleitet. Die Tageshöchstwerte auf der Alpennordseite und im Wallis stiegen verbreitet auf oder über die Hitzemarke von 30 °C. Die Alpensüdseite verzeichnete ab dem 16. Juni verbreitet Hitzetage. Das Hitzemaximum wurde am 19. Juni erreicht. Auf der Alpennordseite gab es vielerorts Tageshöchstwerte von 34 °C und mehr. Spitzenreiter war der Nordrand der Schweiz und die Regionen Neuenburg und Sion mit über 36 °C. Auf der Alpensüdseite blieben die Höchstwerte auch während des Hitzemaximums meist unter 32 °C. Einzig Biasca meldete höhere Werte.

Schweizer Junirekord egalisiert

Die höchste gemessene Temperatur lieferte Beznau (Würenlingen) am Nordrand der Schweiz mit 36,9 °C am 19. Juni. Knapp darunter lag Biasca mit 36,6 °C am 17. Juni. Das bisher höchste Schweizer Tagesmaximum für den Juni stammt aus der Basler Messreihe vom 27. Juni 1947 mit ebenfalls 36,9 °C.

Rekordheisse Dreitagesperiode

In der Westschweiz zeigen die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichenden Messreihen für den aktuellen Juni sehr heisse Dreitagesperioden im Rekordbereich. Neuchâtel erlebte die deutlich heisseste Juni-Dreitagesperiode seit Messbeginn 1864. Vom 18. bis am 20. Juni lag das mittlere Tagesmaximum bei 34,6 °C. Die bisherigen Juni-Höchstwerte blieben deutlich darunter. Vom 26. bis am 28. Juni 1947 erreichte die heisseste Dreitagesperiode in Neuchâtel 32,9 °C, vom 23. bis am 25. Juni 2003 waren es 32,8 °C.

An den Messstandorten Basel, Bern, Genf und Zürich mit über 100-jährigen Messreihen lag die aktuelle Dreitageshitze auf den Rängen zwei bis fünf für den Monat Juni. Auf der Alpensüdseite war es weniger heiss. Die heisseste Dreitagesperiode gehört nicht zu den 10 intensivsten für den Monat Juni.

Sehr warme Nächte

Neben dem Tagesmaximum spielen für die Gesundheit vor allem die hohen nächtlichen Temperaturen eine Rolle. Ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen und Kleinkinder können sich nicht ausreichend an die intensivere Hitzebelastung anpassen und sich nachts kaum noch von der Tageshitze erholen. Die Anzahl der Tropennächte (Tagesminimumtemperatur fällt nicht unter 20 °C) ist in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen.

Im aktuellen Juni gab es in Neuchâtel bisher vier Tropennächte. Ebenfalls vier waren es in den Junimonaten 2003, 2017 und 2019. Vor dem Jahr 2000 verzeichnete Neuchâtel hingegen nie mehr als eine Tropennacht im Juni.

Mehr Belastung durch Tropennächte erfährt die Alpensüdseite. Im aktuellen Juni registrierte Lugano bisher fünf Tropennächte. Deutlich mehr waren es in den Junimonaten 2002 und 2003 mit neun und im Juni 2017 mit elf Tropennächten. Vor dem Jahr 2000 gab es in Lugano maximal drei bis vier Tropennächte im Juni.

Frühe Hitze

Die aktuelle Hitzeperiode Mitte Juni kam auffallend früh. Hohe Tagesmaximum-Temperaturen über mehrere Tage werden meist erst gegen Ende Juni verzeichnet. In Neuchâtel oder Genf, aber auch in La Chaux-de-Fonds oder auf dem Chaumont ist die gemessene hohe Dreitageshitze zu einem so frühen Zeitpunkt im Jahr seltener als alle 25 Jahre zu erwarten.

Abgesehen vom frühen Zeitpunkt stellt die erlebte Hitze über den ganzen Sommer betrachtet nichts Einmaliges dar, trotz Rekordwerten oder rekordnahen Werten für den Monat Juni. Weit intensivere und länger andauernde Hitze kennt die Schweiz zum Beispiel aus den Jahren 2015, 2003, 1983 oder 1947.

Mehr Hitzewellen

Hitzewellen sowie heisse Tage und Nächte werden häufiger und extremer. Die ans Mittelmeer angrenzenden Grossregionen Europas, und damit auch die Schweiz, sind weltweit von einer der stärksten Zunahmen von Hitzeextremen betroffen. Dieser Trend lässt sich bereits in den vergangenen Jahrzehnten beobachten und wird sich mit der fortschreitenden Klimaerwärmung auch in Zukunft fortsetzen.

Mit jedem zusätzlichen Grad Celsius der mittleren Erwärmung in der Schweiz verdoppelt sich ungefähr die Anzahl der sehr heissen Tage. Damit werden auch Hitzewellen in den kommenden Jahrzehnten deutlich häufiger auftreten. Dabei berücksichtigen die Klimamodelle keine städtischen Wärmeinsel-Effekte. In stark überbauten Gebieten liegen die Temperaturen insbesondere nachts noch einige Grad Celsius höher als im Umland. Der grosse Teil der Bevölkerung in den Ballungsräumen ist daher noch stärker von der zunehmenden Hitze betroffen.

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