Programm Landschaftsbeobachtung Schweiz (LABES)
Methodische und inhaltliche Weiterentwicklung 2018-2020
Das Programm Landschaftsbeobachtung Schweiz (LABES) erhebt in periodischen Abständen den Zu- stand und die Veränderung der Landschaften der Schweiz. Abgestützt ist LABES durch die Gesetzgebung des Natur- und Heimatschutzgesetzes (Artikel 25a) auf nationaler Ebene. International ist LABES seit Beginn mit der Definition der Landschaft, wie sie die Europäische Landschaftskonvention festhält, kom- patibel. Die Konvention definiert in Artikel 1a Landschaft als «ein Gebiet, wie es vom Menschen wahr- genommen wird, dessen Charakter das Ergebnis der Wirkung und Wechselwirkung von natürlichen und/oder menschlichen Faktoren ist». Deshalb beinhaltet die Erfassung der Landschaft bei LABES so- wohl physische Indikatoren des Zustands der Landschaft wie auch soziale Indikatoren, welche die Wahr- nehmung der Landschaft durch die Bevölkerung abbilden. Diese sozialen Indikatoren werden über eine repräsentative Bevölkerungsbefragung erhoben, welche im Jahr 2011 ein erstes Mal durchgeführt wurde. Im Vorfeld der aktuellen Erhebung im Jahr 2020 wurde das Konzept der Bevölkerungsbefragung überarbeitet, Redundanzen vermindert und Platz geschaffen für neue, relevante Themenbereiche.
Für die Europäische Landschaftskonvention (ELK) wurde im Rahmen der Methodenweiterentwicklung
ein Bericht verfasst, der einen Überblick über internationale Landschaftsmonitorings und Empfehlungen
für die Mitgliedsländer der ELK gibt. Der Bericht wurde 2019 in Strassburg vorgestellt und von den Län-
derdelegierten der ELK verabschiedet.
Im Methodenweiterentwicklungsprojekt wurden physische Indikatoren wie beispielsweise der Gebäu-
debestand ausserhalb der Bauzonen oder die Erholungsnutzungsinfrastruktur neu berechnet und ihre
Bestimmbarkeit für die Durchführung 2020 getestet. Zudem wurden mit Hilfe von Sentinel-2-Daten
neue Indikatoren für die Grünflächen in urbanen Räumen und für die Nutzungsdiversität in der land-
wirtschaftlichen Fläche evaluiert.
Für den Teil der Bevölkerungsbefragung wurden neue Themenbereiche identifiziert, beispielsweise die
individuelle Wahrnehmung der Landschaftsveränderung und der kulturellen Landschaftswerte durch
die Bevölkerung. Für diese neuen Themen wurden Fragen entwickelt und in einer Pilotuntersuchung in
der deutschsprachigen, französischsprachigen und italienischsprachigen Schweiz getestet. Dieser Pilot-
versuch beinhaltet zudem einen direkten Vergleich zwischen der bisherigen Befragungsmethode, näm-
lich der schriftlichen postalischen Umfrage, mit einer Online-Panel-Umfrage, wie sie in den Sozialwis-
senschaften und der Marktforschung vermehrt eingesetzt wird. Die Resultate des Vergleichs zeigen,
dass die beiden Befragungsmethoden ähnliche Resultate liefern, und deshalb die Online-Befragung aus
Kostengründen für die Hauptbefragung zu bevorzugen ist.
Die Pilotbefragung zeigt ausserdem, dass sich Veränderungen der Landschaft durch gezielte Fragen
deutlicher erfassen lassen, als, wie bisher, lediglich mit dem Vergleich der Zustände der Landschaft zu
zwei Zeitpunkten (z.B. 2011 zu 2020). Anhand der erhobenen Antworten bietet LABES nun klare Einbli-
cke in das, was die Bevölkerung als Veränderung wahrnimmt oder eben nicht. Die Resultate der Pilot-
befragung deuten darauf hin, dass die Bautätigkeit in unverbauter Landschaft und der Verlust von Grün-
flächen in Siedlungsräumen sehr stark als negative Entwicklungen wahrgenommen werden. LABES ent-
hält daher nun erste Hinweise, worauf in Politik und Planung zukünftig ein besonderes Augenmerk zu
legen ist, um eine Landschaft mit hoher Lebensqualität für die Bevölkerung zu fördern und zu erhalten.
Die statistische Analyse der Befragungsdaten zeigt, dass die Wohnbevölkerung die Landschaft in ihrer
Wohngemeinde grundsätzlich eher positiv beurteilt, wobei dies vor allem in Gemeinden in Berggebieten
und in landwirtschaftlich geprägten Gemeinden der Fall ist, weniger hingegen in städtischen und peri-
urbanen Gemeinden. Weiterhin hängt die Bewertung der Landschaft auch von individuellen Aspekten
ab. Beispielsweise hat die Tatsache, ob die Befragten Wohneigentum besitzen oder mieten, sowie die
Dauer, wie lange sie bereits in der Region leben und wie oft sie sich im Freien aufhalten einen
4WSL Berichte, Heft 103, 2021
Programm Landschaftsbeobachtung Schweiz (LABES)
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signifikanten Einfluss. Wohneigentum, Wohndauer und je mehr sich Menschen für ihre Erholung in die
Natur begeben, haben einen positiven Einfluss auf ihr Urteil.
Ein Pilotmodul zur Überprüfung des Nutzens von Daten aus sozialen Medien für das Landschaftsmoni-
toring ergänzt die Pilotbefragung. Die Daten aus sozialen Medien, beispielsweise Fotos, die von Privat-
personen und kommerziellen Anbietern gemacht und mit dem Schlüsselwort «landscape» versehen
wurden, zeigen, dass es Hotspots im alpinen Raum gibt, touristische Orte, die besonders oft fotografiert
werden. Durch die Analyse dieser sozialen Medien wird die Sicht der Besucherinnen und Besucher ein-
bezogen und ergänzt die Befragung der Bevölkerung in ihren Wohngemeinden. Allerdings wird die Ver-
wendung solcher Daten in Zukunft sicher schwieriger werden, denn die kommerziellen Anbieter werden
sie immer weniger kostenfrei zur Verfügung stellen. Eine wichtige Erkenntnis aus diesem Pilotmodul
besteht daher darin, dass die touristische Sichtweise zwar wichtig, methodisch aber eine Vorgehens-
weise angebrachter ist, welche auf die direkte Beteiligung der Bevölkerung und der Besucher setzt.
Die Erkenntnisse aus dieser methodischen und inhaltlichen Weiterentwicklung von LABES dienten
dazu, das Befragungsinstrument für die bevorstehende Hauptbefragung im Jahr 2020 zu testen.
Dadurch wird sichergestellt, dass das Programm Landschaftsbeobachtung Schweiz weiterhin den in-
ternational höchsten Forschungsstandards entspricht und zuverlässige Aussagen darüber zulässt, wie
sich die Landschaft entwickelt und wie diese Entwicklung von der Bevölkerung wahrgenommen und
beurteilt wird
Quelle: Wartmann, F.; Hunziker, M.; Kienast, F., 2021: Programm Landschaftsbeobachtung Schweiz (LABES). Methodische und inhaltliche Weiterentwicklung 2018-2020. WSL Berichte, 103. 215 p.