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Netto-Null ist heute schon machbar

ProClim Flash 73

Ist es mit heutiger Technik möglich, ein ganzes Areal energieneutral zu betreiben? Am Beispiel eines Bauprojekts in Rapperswil-Jona haben dies Forschende der Ostschweizer Fachhochschule untersucht.

Fotovoltaik-Anlagen wie hier auf dem Dach eines Gebäudes im NefTechPark liefert erneuerbare Energie. (ProClim Flash 73)
Bild: www.neftechpark.ch

Text: und Zoe Stadler, Ostschweizer Fachhochschule

Das Bauprojekt, das derzeit im Quartier Schachen in Rapperswil-Jona (SG) umgesetzt wird, beschreitet nicht nur punkto Arbeits- und Wohnformen neue Wege. Auch was die Energieversorgung betrifft, will man mit der Zeit gehen und setzt auf erneuerbare Energiequellen. Angestrebt wird eine Netto-Null-Bilanz: Die Gebäude sollen mindestens so viel Energie erzeugen, wie sie verbrauchen. Doch ist das bei der vielseitigen Nutzung mit Büros, Labors, Hotel, Restaurant sowie einem Alters- und Pflegezentrum möglich?

Wärmepumpe mit Grundwasser am effizientesten

Eine Machbarkeitsstudie der Ostschweizer Fachhochschule kommt zu einem positiven Schluss. Forschende der Institute für Energietechnik und Solartechnik untersuchten darin den Energiebedarf für das Heizen und Kühlen der Gebäude. Die Studie fokussiert auf die Energieversorgung, Einflüsse der Architektur und der eingesetzten Materialien wurden nicht im Detail betrachtet.

Zum Heizen bieten sich laut der Studie primär Wärmepumpen an. Erstens sind sie bei Neubauten, die mit verhältnismässig niedrigen Temperaturen beheizt werden können, sehr effizient. Zweitens existieren auf dem Areal Schachen diverse geeignete Niedertemperaturwärmequellen, um Wärmepumpen zu betreiben. Die Autorinnen und Autoren verglichen dabei Grundwasser, Erdwärme, Seewasser des nahegelegenen Obersees und die Abwärme aus einer Kläranlage als mögliche Wärmequellen miteinander. Der Vorteil des niedrigen Temperaturniveaus der Abwärme ist, dass diese mit der gleichen Anlage auch zum Kühlen genutzt werden kann.

Aber die anderen Wärmequellen sind noch effizienter: Mit 10 bis 15 Grad Celsius weisen sie genügend tiefe Temperaturen auf, um Gebäude im Sommer ohne zusätzliche Technik direkt zu kühlen (Free-Cooling). Sie benötigen deshalb nur Pumpenenergie und erreichen dadurch eine sehr hohe Effizienz auch im Kühlbetrieb. Von den untersuchten Wärmequellen erwies sich die Grundwassernutzung am effizientesten. Sie verbraucht am wenigsten Primärenergie und verursacht die geringsten Treibhausgasemissionen.

Grundwasser ist auch am wirtschaftlichsten

Aufgrund des tiefen Energieverbrauchs und weil keine zusätzliche Infrastruktur nötig ist, fallen beim Free-Cooling-Betrieb auch die Kosten gering aus. Am ökonomischsten schneidet laut Studie dabei wiederum Grundwasser als Wärmequelle ab. Berechnet haben dies die Forschenden am Beispiel des ersten Bauprojekts, des NefTechParks. Da Heiz- und Kühlbedarf in der gleichen Grössenordnung liegen, ist die Variante Grundwasser sogar wirtschaftlicher als eine Versorgung mit Erdgas, dem effizientesten fossilen Energieträger. Der alleinige Einsatz von Erdgas würde aber ohnehin dem Energiekonzept widersprechen.

Um die Kosten weiter zu senken, wäre es aber möglich, einen kleinen Anteil an fossilen oder biogenen Brennstoffen einzusetzen. Damit könnten Lastspitzen (z. B. einzelne sehr kalte Wintertage) gedeckt und die Wärmepumpe kleiner dimensioniert werden. Aus der Untersuchung geht hervor, dass solche Lastspitzen höchstens drei Prozent des gesamten Wärmebedarfs ausmachen. Diese liessen sich gut mit biogenen Brennstoffen wie Biogas decken, womit auch in diesem Fall eine vollständig erneuerbare Variante zur Verfügung stünde.

Die Varianten mit Seewasser oder Abwärme sind in der Erschliessung teurer, weisen aber ebenfalls niedrige Betriebskosten auf. Bei einer Einbindung von Verbrauchern über den betrachteten Perimeter hinaus ergäbe sich auch für diese Wärmequellen eine günstige Kostensituation.

Eigener Strom aus Solarzellen

Für eine Netto-Null-Energiebilanz des Areals ist es nötig, mit Fotovoltaik-Anlagen eigenen Strom zu produzieren. Die Studie geht von einer Einbindung der Anlage ins öffentliche Stromnetz aus. 50 Prozent des Sonnenstromes verbraucht das Areal bei der ermittelten Lastsituation selber. Der Rest wird ins Netz eingespeist. Je nach Sonneneinstrahlung variiert dieser Anteil: Während das Areal bei Produktionsflauten Strom aus dem Netz benötigt, kann es bei guten Bedingungen einen höheren Anteil einspeisen. Über das Jahr bleibt der Ertrag jedoch relativ konstant.

Bei den heutigen Kosten zur Produktion von Solarstrom und der derzeitigen Einspeisevergütung von Rapperswil-Jona rechnet sich die Anlage auch wirtschaftlich. So ist der Strombezug aus den Fotovoltaik-Anlagen insgesamt sogar günstiger als jener aus dem Netz.

Energie liesse sich auf dem Areal auch speichern, indem man mit dem überschüssigen Solarstrom mittels Power-to-Gas-Verfahren synthetischen Wasserstoff oder Methan herstellen würde. Batterien zur kurzzeitigen Speicherung wären ebenso denkbar. Diese Technologien sind aber noch sehr teuer, sodass eine Energiespeicherung gegenwärtig noch nicht wirtschaftlich ist. Da Batterien wegen der zunehmenden E-Mobilität immer günstiger werden, könnte auch eine Speicherung in Zukunft wirtschaftlich werden.

Rahmenbedingungen müssen stimmen

Die Machbarkeitsstudie der Ostschweizer Fachhochschule zeigt somit, dass Areale wie der Schachen in Rapperswil-Jona bereits mit der heute verfügbaren Technik vollständig mit erneuerbarer Energie und ausgeglichener Energiebilanz versorgt und wirtschaftlich betrieben werden können. Die Voraussetzung dafür ist, dass gute Rahmenbedingungen für eine Wärme- und Kälteversorgung vorliegen und dass konsequent die effizientesten Technologien eingesetzt werden. Zudem muss der Standort eine attraktive Einspeisevergütung bieten.

Im Klimacluster der OST Ostschweizer Fachhochschule wird das Wissen aus planerischen, technischen und gesellschaftlichen Fachgebieten zu Klimastrategien gebündelt. Projekte wie das Netto-Null-Areal in Schachen sind gute Beispiele dafür, wie die zukünftige Energieversorgung klimatauglich gestaltet werden kann.

  • Gebäude des Bauprojekts NefTechPark (grün umrahmt) und die angedachte Erweiterung Digicity West und Ost (blau und rot). (ProClim Flash 73)
  • Fotovoltaik-Anlagen wie hier auf dem Dach eines Gebäudes im NefTechPark liefert erneuerbare Energie. (ProClim Flash 73)
  • Gebäude des Bauprojekts NefTechPark (grün umrahmt) und die angedachte Erweiterung Digicity West und Ost (blau und rot). (ProClim Flash 73)Bild: Primag Management AG1/2
  • Fotovoltaik-Anlagen wie hier auf dem Dach eines Gebäudes im NefTechPark liefert erneuerbare Energie. (ProClim Flash 73)Bild: www.neftechpark.ch2/2

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