Abschüsse von Wolfsrudeln wenig wirksam gegen Nutztierrisse
Im Sommer 2023 etablierte sich ein Wolfsrudel im Schweizerischen Nationalpark (SNP). Nach zwei Nutztierrissen in der Region entstanden jedoch Konflikte: Eine wissenschaftliche Stellungnahme der Forschungskommission zeigte auf, dass Abschüsse ganzer Rudel kein wirksames Mittel gegen Nutztierrisse sind.
Diesen und weitere Artikel finden Sie im Jahresbericht 2024 der SCNAT.
Die Rückkehr eines der grossen Beutegreifer in den Nationalpark wurde seit Jahren erwartet und aus ökologischer und wissenschaftlicher Sicht vorbereitet: Seit 2017 wird im SNP zu den Auswirkungen des Wolfes auf die Ökosysteme geforscht. Von Kleintieren über Pflanzen und Verbiss im Wald wird eine Vielzahl an Daten erhoben, um Erkenntnisse über die Rolle des Wolfes in den Alpen zu gewinnen.
Im August 2024 rissen Wölfe zwei Rinder in der Region des SNP. Darauf beantragte das Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden die Entnahme des Fuorn-Rudels. In einer Stellungnahme argumentierte die Forschungskommission des SNP (FOK-SNP) gegen diese Entnahme: Wolfsabschüsse sind aus wissenschaftlicher Sicht kein wirksames Mittel zur Reduktion von Nutztierrissen. Studien zeigen, dass Abschüsse ganzer Rudel sogar kontraproduktiv sein können. Sie schaffen oft ein Vakuum, das von jungen migrierenden Wölfen gefüllt wird, die eher Nutztiere reissen. Zudem spielt der Wolf eine wichtige Rolle im Ökosystem: Durch die Regulierung von Rothirschen trägt er zum Waldschutz bei – ein Aspekt, der gemäss Jagdverordnung berücksichtigt werden sollte. Weiter argumentiert die FOK-SNP, dass der gesetzlich festgelegte umfassende Schutz des SNP in eine Interessensabwägung einbezogen werden sollte.
Trotz wissenschaftlicher Stellungnahme wurde das Fuorn-Rudel zum Abschuss freigegeben. Wie die Geschichte des Wolfes im SNP weitergehen wird, muss sich nun zeigen.
Stefanie Gubler
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