Tierversuche, darf man das? Im Webportal geben Forscherinnen und Forscher der Gesellschaft für Versuchstierkunde Antworten aus ihrer Sicht auf häufig gestellte Fragen.

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Welche Rolle spielen Tierversuche für die Tiermedizin?

Hund mit Pillengläsern
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Sämtliche für die Tiermedizin registrierten Medikamente, Impfstoffe und Medizinalprodukte (z.B. Implantate und künstliche Gelenke) müssen selbstverständlich in Tierversuchen auf ihre Unbedenklichkeit getestet worden sein. Auch Haus-, Nutz- und Wildtiere profitieren deshalb von Tierversuchen und den daraus gewonnenen Ergebnissen und Medikamenten: Antibiotika, Impfstoffe, Narkose- und Schmerzmittel sind nur einige Beispiele unter vielen.

Die Kinderlähmung konnte dank eines Impfstoffes, der ursprünglich aus Affenzellen gewonnen wurde, nahezu ausgerottet werden. Der gleiche Impfstoff schützt heute auch Schimpansen in der Wildnis vor dieser Krankheit. Des Weiteren wurden Impfstoffe und Medikamente entwickelt, die auch oder ausschliesslich Tieren zugutekommen wie etwa Impfstoffe gegen Tollwut oder Hundestaupe. Auch diese konnten nur dank Tierversuchen entwickelt werden.

Wie bei Eingriffen beim Menschen auch, benötigen auch Tiere manchmal bei Operationen Blutinfusionen, wenn sie bei dem Eingriff besonders viel Blut verloren haben. Deshalb gibt es z.B. auch für Hunde Blutbanken, für die Blutspenderhunde genutzt werden. Für diese Blutentnahmen von den Spendertieren werden ebenfalls Versuchsbewilligungen benötigt, da die Entnahme von Proben in der Schweiz auch als Tierversuch gilt. Patientenhunde profitieren von diesen Tierversuchen.

Im Bereich Ausbildung können manche Kenntnisse schon mit künstlichen Modellen (synthetische Plastiken für anatomische Studien oder Untersuchungsgänge) vermittelt werden. Dies geht aber nur bis zu einem bestimmten Grad, denn ein zu untersuchendes Tier lebt, es atmet, es bewegt sich, es verhält sich vielleicht auch nicht kooperativ, wenn z.B. ein Tierarzt Blut abnehmen muss. Solche realen Situationen lassen sich nicht mit einem künstlichen Modell vermitteln; das kann nur mit lebenden Tieren vermittelt werden.

Auch Versuche zur Verbesserung von Haltungsbedingungen von Tieren müssen mit lebenden Tieren erfolgen. Wenn z.B. neue Volieren für die Gruppenhaltung von Hühnern getestet werden, die die Erhöhung des Wohlbefindens der Hühner im Stall beabsichtigen, kann das beispielsweise nicht mit Computern simuliert werden. Nur die im Versuchsstall eingestallten Hühner können durch ihre Reaktion auf die zu testende neuartige Stalleinrichtung zeigen, ob diese sich positiv auf ihr Sozial- und Legeverhalten auswirkt.

Dasselbe gilt für Studien mit wilden Tieren. Werden z.B. Wildtierbestände zur Überprüfung der roten Listen untersucht, erfolgt das im Rahmen einer Tierversuchsbewilligung, weil hierbei auch der Gesundheitsstatus bedrohter Tierarten und die Verteilung ihrer Population überprüft werden muss. Gemäss Bundesratsbeschluss sollen die Roten Listen alle 10 Jahre revidiert werden, um über die Entwicklung der Arten Auskunft geben zu können.