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Resiliente Öffentlichkeit für die Klimadebatte

ProClim Flash 74

Mike S. Schäfer, Professor für Wissenschaftskommunikation, Universität Zürich

Mike S. Schäfer
Bild: John Flury

Fake News, Miss- und Desinformation, Verschwörungstheorien: Am Beispiel der ­COVID-19-Pandemie sehen wir, wie falsche, teils auch bewusst irreführende, Informationen öffentlich kursieren.

Das ist nicht grundsätzlich neu. Derartige «Infodemien», wie die WHO dies nennt, gab es schon in früheren Krisen. Und auch die gesellschaftliche Diskussion über den Klimawandel ist davon durchsetzt.

Als Gesellschaft müssen wir lernen, besser mit diesen Problemen umzugehen. Wir brauchen ein widerstandsfähigeres Ökosystem für die gesellschaftliche Kommunikation, eine resilientere Öffentlichkeit – und diese können wir auf verschiedene Weisen fördern:

Wir müssen die Wissenschaft zur Kommunikation in die Gesellschaft hinein ermuntern. Wir brauchen keine Maulkörbe, sondern WissenschaftlerInnen, die Ergebnisse öffentlich erklären, einordnen und sensibel für Fragen, Bedürfnisse und Ängste der BürgerInnen sind. Universitäten und Forschungszentren müssen Forschende dabei unterstützen – gerade auch in kontroversen Debatten. Und sie müssen selbst verantwortungsvoll in die Gesellschaft kommunizieren und dafür gegebenenfalls Organisations­interessen hinten anstellen.

Wir müssen die Vermittler stärken. Wissenschaftsjournalismus war lange der gesellschaftliche Akteur, der für Orientierung rund um komplexe Themen gesorgt hat. Aber er ist in der Schweiz – wie in vielen anderen Ländern – in einer Krise. Medienhäuser müssen sparen, und das tun sie oft in spezialisierten Ressorts wie dem Wissenschaftsjournalismus. Deshalb müssen wir über tragfähige Alternativen mit funktionierenden Finanzierungsmodellen nachdenken und den öffentlichen Rundfunk weiter in die Pflicht nehmen. Zudem sollten wir die Rolle von Tech-Plattformen wie Facebook oder Google kritisch reflektieren, die zu zentralen Vermittlern gesellschaftlicher Kommunikation geworden sind.

Schliesslich brauchen wir resiliente Bürgerinnen und Bürger. Die Menschen, die früher einfach «das Publikum» waren, stellen sich heute ihre eigene Mediendiät zusammen und kommunizieren aktiv in sozialen Medien. Dafür brauchen sie Medien-, Online- und auch Wissenschaftskompetenz. Sie müssen lernen, wie man gute von schlechten Informationen unterscheidet, Fehlinformationen erkennt und damit umgeht. Mit dieser Mammutaufgabe sind alle Bildungsinstitutionen gefordert, vom Kindergarten bis zur Hochschule.

Zudem brauchen wir Forschung zur Frage, wie sich Öffentlichkeiten resilienter machen lassen. Das betrifft Forschung zu technologischen Möglichkeiten, wie etwa dem automatisierten Factchecking. Aber auch zu Strategien mit denen sich Menschen ­resistenter gegen Fehlinformationen machen lassen – etwa dadurch, dass man sie darüber aufklärt, wie Fehlinformationen oder ­Verschwörungstheorien funktionieren und welche argumentativen ­Strategien dabei angewendet werden.

Auf all diesen Ebenen muss etwas getan werden, und ich weiss: nichts davon ist einfach. Aber was ist die Alternative?

Die Pandemie ist diesbezüglich auch eine Chance: Sie hat vielen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Politik vor Augen geführt, wie wichtig gute Wissenschaftskommunikation ist.

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