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Hitzewellen: Kampf den städtischen Wärmeinseln

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Ein Projekt des Oeschger-Zentrums in der Stadt Bern analysierte die Folgen von Klimawandel und Urbanisierung und zeigte einen Sommer lang, welchen Mehrwert Abkühlungsmassnahmen für die Bevölkerung haben können.

Bepflanzung und Entsiegelung wie hier auf dem Ansermetplatz in Bern führen zu einem messbaren Kühleffekt auf Hitzeinseln.
Bild: Foto: Mirko Winkel

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Er gehört nicht zu den Sehenswürdigkeiten der Aarestadt: Sogar den meisten Bernerinnen und Bernern ist der Ansermetplatz kein Begriff. Der Platz in Berns Westen liegt in der Nähe eines Shoppingcenters und besteht aus einer eintönigen, versiegelten Asphaltfläche. Aus wissenschaftlicher Sicht jedoch ist dieser Unort durchaus von Interesse: Ein Team des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung (OCCR) hat an diesem Beispiel aufgezeigt, wie sich Klimawandel und Verstädterung auf die Lufttemperatur auswirken und was das für die menschliche Gesundheit bedeutet.1

Um die zeitliche Entwicklung des lokalen Klimas darzulegen, konnten die Forschenden auf Daten aus den 1970er-Jahren zurückgreifen. Diese Messungen waren vor dem Hintergrund der städtebaulichen Entwicklung Berns und steigender Luftverschmutzung gemacht worden. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts dehnte sich die Stadt immer mehr in Richtung Westen aus, was nicht nur den Charakter dieser Quartiere grundlegend veränderte, sondern auch deren Klima. Für die Messkampagne 1973 wurde gegenüber des heutigen Ansermetplatzes eine Messstation errichtet, um die lokale Lufttemperatur aufzuzeichnen. Sie galt im damaligen Kontext als «ländlich» und wurde als Vergleichsstation zu Messungen im Stadtzentrum verwendet. Ein halbes Jahrhundert später stehen die Temperaturen in der Stadt Bern erneut im Fokus des wissenschaftlichen Interesses: Seit 2018 werden im Rahmen des Projektes «Urban Climate Bern» die unterschiedlichen mikroklimatischen Verhältnisse in und um die Stadt Bern mit einer Vielzahl von Messstationen aufgezeichnet.

Auswirkungen auf das Mikroklima

Der Vergleich der aktuellen Messreihe mit jener vom Sommer 1973 bietet gemäss der Publikation «Berns Westen im (Klima-)Wandel » die einmalige Möglichkeit, die Temperaturentwicklung darzustellen und «den Einfluss von Klimawandel und Stadtentwicklung auf das Mikroklima zu analysieren». Von zentraler Bedeutung ist dabei der städtische Wärmeinseleffekt. Gemeint ist damit die Tatsache, dass die Temperaturen in urbanen Gebieten oft deutlich höher sind als in ihrem Umland – besonders nachts. Dieser Effekt kann in grossen Städten mehr als 10 °C betragen. In Bern liegt der maximale städtische Wärmeinseleffekt bei rund 5 bis 6 °C. Je grösser der Anteil versiegelter Flächen in einem Gebiet ist, desto mehr Sonnenstrahlung wird absorbiert. Die Gebäude und Strassen werden somit tagsüber aufgeheizt und wirken wie ein Wärmespeicher, der nur langsam auskühlt.

Am stärksten ausgeprägt ist dieser Effekt in den Abend- und Nachtstunden von strahlungsintensiven Sommertagen etwa während Hitzewellen. Steigen durch den Klimawandel die Temperaturen, erhält der Wärmespeicher noch mehr Energie – die Menschen leiden immer stärker unter der Stadthitze und die gesundheitlichen Risiken nehmen zu.

2022: 623 Hitzetote

Hitzewellen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. Insbesondere ältere Menschen, Säuglinge und chronisch Kranke leiden unter den körperlichen Auswirkungen von Hitzestress, die von Herz-Kreislauf-Problemen bis zu Dehydrierung reichen und sogar zum Tod führen können. Besonders belastend für die Gesundheit ist die Kombination von heissen Tagen und Nächten, da die wichtige Erholungsphase des Körpers während der Nacht beeinträchtigt wird. Wie eine Studie unter Leitung des Oeschger-Zentrums zeigte, sind zum Beispiel im Hitzesommer 2022 in der Schweiz 623 Menschen auf Grund der Hitze verstorben, was 3,5 Prozent aller Todesfälle zwischen Juni und August entsprach.

Deshalb seien Strategien gefragt, so der Bericht «Berns Westen im (Klima-)Wandel», um den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken. «Städte gelten als zentrale Akteure für transformative Massnahmen und als mächtige Hebel, um den Aufbau einer widerstandsfähigen Gesellschaft zu ermöglichen.»

Zurück zum Ansermetplatz: Vergleicht man den durchschnittlichen Temperaturverlauf im Sommer 1973 mit den Jahren 2018 bis 2021, zeigt sich eine starke Erwärmung. In den beiden Hitzesommern 2018 und 2019 lagen die Tagesmitteltemperaturen 2,6 bis 2,8 °C über denjenigen von 1973. Und obwohl der Sommer 2021 in Bern als kühl und regnerisch galt, war er im Schnitt 1,2 °C wärmer als jener von 1973.

Die Analyse der Temperaturdaten vom Ansermetplatz zeigt aber auch, dass der Wandel in Berns Westen von einer doppelten Erwärmungsdynamik geprägt war: Sowohl der Klimawandel wie auch die Stadtentwicklung trugen zur lokalen Erwärmung bei. Sicher ist, dass sich der Ansermetplatz während typischer Schönwetterlagen von einer Kühloase in eine Wärmeinsel verwandelt hat.

Kühlereffekt: 5 bis 20 °C

Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen und den tristen Platz zu beleben, wurde 2021 ein Pilotprojekt realisiert, initiiert unter anderem von Anwohnenden und dem mLAB des Geographischen Instituts der Universität Bern. Dabei wurden schattenspendende Bäume und Sträucher gepflanzt, mobile Sitzgelegenheiten errichtet und ein Swimmingpool auf Zeit geschaffen. Unter dem Titel «Versiegelte Inseln» stellten künstlerische Arbeiten die bisherige Nutzung infrage.

Durch diese Aktionen verwandelte sich der unbeachtete Durchgangsplatz in einen Ort zum Verweilen und wurde auch mikroklimatisch aufgewertet. Um die Wirkung der Umgestaltung zu untersuchen, wurden die Oberflächentemperaturen des Platzes vor und nach der Umgestaltung mittels Drohnenflügen gemessen. Die Ergebnisse zeigen eine monotone, heisse (> 45 °C) Fläche im Normalzustand und eine deutlich heterogenere, kühlere Fläche während des Pilotprojekts. Der Kühleffekt durch die Umnutzung betrug in der Nähe der temporären Vegetation rund 5 bis 20 °C und gemittelt über die ganze Fläche gut 3 °C. Ähnliche Kühleffekte konnten bereits bei anderen Aufwertungsprojekten in Bern aufgezeigt werden.

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Kaspar Meuli ist Kommunikationsverantwortlicher des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung.

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Referenzen

[1] Burger M., Gubler M., Brönnimann S., Vicedo-Cabrera A., Winkel M. (2022). Berns Westen im (Klima-) Wandel. Wie sich Stadtentwicklung und Klimawandel auf das sommerliche Mikroklima auswirken. GEOGRAPHICA BERNENSIA 2022, Geographisches Institut, Universität Bern, Schweiz

Die gemessene Oberflächentemperatur am Ansermetplatz am 22. Juni 2021, 15:20 Uhr (links) respektive am 20. August 2021, 14:30 Uhr (rechts).
Die gemessene Oberflächentemperatur am Ansermetplatz am 22. Juni 2021, 15:20 Uhr (links) respektive am 20. August 2021, 14:30 Uhr (rechts).Bild: Photos : Alexander Gross et Moritz Burger

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